Welche indirekten Folgen kann die globale Erwärmung auf unsere Gesundheit haben?
Die vermutlich größte Herausforderung vor der die Welt aktuell steht, ist der Klimawandel. Für diese starken Änderungen des Klimas ist erstmals der Mensch selbst verantwortlich, wobei zu den Hauptursachen die Verbrennung fossiler Brennstoffe für Energie und Verkehr und die steigende Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zählen. Die Auswirkungen des Klimawandels, sowohl weltweit als auch in Deutschland, sind vielseitig. Er beeinflusst Biodiversität, Wasserhaushalt, Landwirtschaft, Forst und Waldwirtschaft, Personen- und Güterverkehr, Tourismus, Gesundheit sowie die Entwicklung von Tieren und Pflanzen. Folgen werden u.a., dass Massenaussterben zahlreicher Tierarten, veränderte Jahreszeiten, Überschwemmungen und der Anstieg der Meeresspiegel sein. Auch wenn man es im alltäglichen sozialen und beruflichen Leben vergessen mag, wir sind nur ein kleiner Teil eines riesigen, ganzheitlichen und von Gleichgewichten und Ungleichgewichten abhängigen Ökosystems, in welchem wir in Koexistenz mit Millionen von Tier- und Pflanzenarten leben. In dem Buch von Hermann, B (2019, S.3) auch treffend beschrieben mit:
"Es ist naheliegend, wenn auch von zweifelhafter Berechtigung, wenn Menschen wegen ihrer
intelligenten Befähigung die Autonomie der Natur nicht akzeptieren wollen. Sie widersetzen
sich der Einsicht, dass die Dinge und Verhältnisse in der Natur so sind, wie sie sind, und nicht,
wie sie sein sollen. Menschen haben mit der Erfindung des Landbaus Disruptionsflächen in
bestehenden Ökosystemen geschaffen, (...) einzig, um die Vorteile einer artifiziellen
ökosystemaren Situation für ihr individuelles bzw. kollektives Leben zu nutzen."
Somit besteht also Notwendigkeit der ganzheitlichen Sicht auf unsere Lebensweise und deren
Folgen. Beginnend möchte ich kurz folgendes erläutern: Im Wesentlichen beruht die
Veränderung des Erdklimas auf einer Veränderung des Gleichgewichts zwischen der vom
System aufgenommenen und der vom System abgegebenen Energie. Der Index für den
Einfluss, den ein Faktor auf dieses Gleichgewicht nimmt, wird als Strahlungsantrieb
bezeichnet. Beeinflusst wird dieser von Treibhausgasen wie Methan, Wasserdampf und
Kohlenstoffdioxid. Seit Beginn der
Industrialisierung hat sich, bedingt durch menschliche Einflüsse, der Gehalt an
Kohlenstoffdioxid und
der von Methan nahezu verdoppelt. Dies seien sogar die höchsten Konzentrationen seit
mindestens 800.000 Jahren. Im ungünstigsten Fall lässt sich bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mit einem
Temperaturanstieg im Bereich von 2,6 °C bis 4,8 °C rechnen (IPCC, 2014). Diese globale
Erwärmung hat direkte und indirekte Folgen - sowohl für die Gesundheit einzelner Menschen,
als auch für die gesamte Bevölkerung.
Zu den direkten Auswirkungen lassen sich folgende Faktoren zählen: Hitzewellen können über
Herz-Kreislaufbelastungen sowie Dehydratation zu schweren Belastungen und Todesfällen
führen, Regenfälle mit Überflutungen, Erdrutsche und ähnliche Extremwetterereignisse fordern
Verletzte und Todesopfer.
Zu den indirekten Gesundheitsfolgen zählen jene
Erkrankungen und Todesfälle, welche teilweise über mehrere Zwischenschritte aus den Folgen
der globalen Erwärmung resultieren. Hierunter
fallen Krankheiten und Risiken, welche u.a. durch Veränderungen der Luft, des Wassers, der
Pollensaison und der Übertragungswege für Infektionskrankheiten entstehen. Zum anderen zählt zu den indirekten
Folgen auch eine Beeinträchtigung der Gesundheitsversorgungssysteme, wenn diese durch
Epidemien überfordert oder aufgrund von Umweltkatastrophen zerstört wurden.
Hinzu kommt die physische und psychische Belastung, die jene Menschen ausgesetzt sind,
welche aufgrund von Dürre oder Flutkatastrophen aus ihrem Zuhause fliehen müssen. Weltweit
nimmt die Zahl dieser sogenannten Umweltflüchtlinge immer mehr zu. Bezüglich der
Entstehung gewaltsamer Konflikte liegen bisher nur wenige Studien zur Rolle des
Klimawandels vor, dennoch wird vermutet, dass die Klimakrise zu einem Sicherheitsproblem
werden kann und die Risiken für globale Konflikte steigen. Hinzu kommen mögliche Risiken
der Unter- oder Mangelernährung, da die globale Erwärmung sowohl die Quantität als auch die
Qualität der angebauten Nahrungsmittel beeinträchtigt.
Die steigenden Temperaturen können die bereits bestehende Verunreinigung der Luft
noch
verstärken, beispielsweise über die daraus resultierende Erhöhung des
Ozongehaltes in der Luft.
Bereits geringe Anstiege der Ozonkonzentration können eine
Beeinträchtigung unserer
Gesundheit hervorrufen. Schätzungen zufolge ist Luftverschmutzung in den
Städten die
Ursache von ca. 1,2 Millionen Todesfällen pro Jahr. Unter den
Todesfällen welche die Hitzewelle 2003 zu verantworten hatte, waren nach
einer Schätzung ca. 50 Prozent mit der erhöhten Ozon-Exposition und
weniger mit der Hitze
an sich verbunden. Verschiedene Studien zeigen, dass sich ein Anstieg
der
Ozonwerte negativ auf die Mortalität von Atemwegs- und
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
auswirkt. Auch mehrere Meta-Analysen fanden Belege für einen
Zusammenhang zwischen
kurzfristigen Anstiegen der Ozon-Konzentrationen und Mortalität sowie
Krankenhausaufnahmen wegen respiratorischer (die Atmung betreffender)
Symptome.
Allerdings ist bisher nicht eindeutig geklärt wie relevant die direkte
Wirkung des Ozonanstiegs
wirklich ist bzw. gibt es bisher eher wenige Artikel die über die
Langzeitwirkungen berichten.
Hinzufügen lässt sich
ebenso,
dass es aufgrund von Hitze und Dürren vermehrt zu starken Waldbränden
kommt, was
wiederum zu einer erhöhten Feinstaubbelastung für Tage bis Monate führen
kann. Der
Kombinationseffekt von Feinstaub- und Ozonbelastung wirkt sich
insbesondere negativ auf uns
und vor allem auf die Risikogruppe der älteren Menschen, Kleinkinder und
chronisch kranken
Personen aus.
Ein weiteres Themengebiet welches unter den indirekten Folgen diskutiert
wird sind
Infektionskrankheiten. Der Anstieg der Temperatur, die Veränderungen in den
Niederschlagsmustern und die zunehmende Luftfeuchtigkeit begünstigen die
Lebensbedingungen von Tieren, welche Krankheiten auf uns Menschen übertragen können.
Hohe Temperaturen haben zum einen Einfluss auf die Vermehrungsgeschwindigkeit von
Erregern (z.B. Bakterien), auf die Aktivität und Ausbreitung von Vektoren (z.B. Zecken) und
auf den Lebensraum von Tieren - welche gezwungen werden in andere, neue Gebiete zu ziehen.
Zudem tragen klimabedingte Migrationen zu einer stärkeren Länderübergreifenden
Verbreitung von Infektionskrankheiten bei.
Die Vermutlich wichtigste Krankheit dessen Übertragungshäufigkeit durch den Klimawandel
beeinflusst wird ist das Dengue-Fieber. Schätzungen zufolge könnte sich, aufgrund des
Klimawandels, die bedrohte Anzahl an Menschen bis 2085 fast verdoppeln, auf über 50 Prozent
der Weltbevölkerung. Zunehmende Luftfeuchtigkeit und die vermehrten Überschwemmungen
begünstigen die Vermehrung der Überträger des Dengue-Fiebers. Der Klimawandel schafft in Europa, sowie in großen Bereichen
Deutschlands relativ günstige Lebensbedingungen für die Tigermücke, einer Insektenart
welche Dengue übertragen kann. Ob sie in den jeweiligen Gebieten auch als aktiver Überträger
fungiert lässt sich allerdings nicht eindeutig vorhersagen.
Eine weitere Änderung bezüglich der Verbreitung kann an Malaria aufgezeigt werden. Hier
herrscht in der Literatur teilweise Unsicherheit über das potentielle Risiko, teilweise wird aber
auch explizit vor der Verbreitung durch die globale Erwärmung gewarnt. Die Temperatur übt
einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung, das Stechverhalten und die Lebensdauer der
Überträgermücke aus. Eine effektive Malariaübertragung findet zudem ausschließlich in
Gebieten mit Temperaturen über 20 Grad statt. Für Deutschland bestünde ein eher geringes
Risiko der Wiederausbreitung von Malaria, sollten die Maßnahmen, welche derzeit zum Schutz
vor einer Ausbreitung unternommen werden, bis 2050 weiterhin und effizient fortgeführt
werden. Welche Konsequenzen wiederum der Vermehrte Gebrauch von Insektiziden und
imprägnierten Moskitonetzen hat, kann an dieser Stelle aus Platzgründen nicht weiter vertieft
werden, lässt aber Bedenken offen.
Des Weiteren beeinflusst die globale Erwärmung die Verbreitung von Borreliose und FSME.
Zecken übertragen in Europa zwei wichtige Erkrankungen, die Lyme-Borreliose und die
Frühsommer- Meningoenzephalitis, kurz FSME. Borreliose stellt dabei ein besonderes Risiko
dar, da diese Infektion in den meisten Fällen in ein dauerhaftes, chronisches Leiden übergeht
welches bisher sehr unzureichend behandelbar ist. Die Veränderungen des Klimas werden die
Überlebensrate von Zecken beeinflussen, beispielsweise konnte hier gezeigt werden, dass die
milden Winter die Überlebensrate und Populationsdichte von Zecken, sowie deren Wirten
(Nager) erhöht.
Weiterhin verändern könnte sich die Prävalenz von Leishmaniose, eine Infektionskrankheit, die
Geschwüre der Haut und Organschäden hervorruft und von der Sandfliege übertragen wird.
Bisher waren die in Deutschland üblichen Temperaturen für die Sandfliege zu niedrig, durch
die globale Erwärmung könnte sich die Ausbreitung dieser Insekten allerdings verstärken.
Zudem könnten Erkrankungen häufiger
auftreten, welche Magen-Darm-Infekte auslösen. Hierbei spielen die sich verändernden
Niederschlagsmuster, zunehmende Verdunstungsraten und die Gletscherschmelze eine
wichtige Rolle. Vor allem in Kombination mit der wachsenden Wirtschaft führt dies vermutlich
dazu, dass bis 2050 ca. 3 bis 6 Mrd. Menschen von Wasserknappheit bedroht sind. Dadurch
steigt die Krankheitslast stark an, denn bereits heute gehen die meisten Durchfallerkrankungen
auf den mangelnden Zugang zu sauberem Wasser sowie mangelnde sanitäre und hygienische
Bedingungen zurück.
Das letzte, aber nicht minder wichtige Themengebiet welches ich ansprechen möchte, sind
Allergien. Grundsätzlich fördern wärmere Temperaturen die Produktion und Freisetzung von
Inhalations- oder Aeroallergenen wie Sporen oder Pollen (IPCC, 2014). Die globale
Erwärmung zieht eine Verlängerung der Pollensaison nach sich, da sie aufgrund der milden
Temperaturen im Frühjahr deutlich früher einsetzt. Zudem können sich hochallergene Pflanzen
aufgrund der Veränderungen des Klimas besser ausbreiten. Allerdings nicht nur die steigenden
Temperaturen, auch der CO2-Anstieg begünstigt den Pollenflug einiger Pflanzenarten.
Beispielsweise die hochallergene Pflanze Ambrosia zeigte bei höheren CO2 Werten eine
höhere Pollenproduktion. Gleichzeitig könnte die Dürre aber auch zu einer geringeren
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Pollenproduktion führen, dies trifft eher auf Pflanzen wie Beifuß, Ampfer und Brennnessel zu.
Hinzu kommt, dass die Kombination aus Feinstaub und Pollen bei empfindlichen Personen
Asthma auslösen oder verstärken kann, sowie die Luftbelastung durch Dieselrußpartikel
generell die Entstehung von Allergien begünstigt, da wir permanent der verschmutzten Luft
ausgesetzt sind welche unsere Lungen belastet.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es einige und wichtige gesundheitliche Folgen aufgrund der globalen Erwärmung gibt und geben wird. In der Literatur findet man viele verschiedene Theorien und Modelle welche den Klimawandel und seine in der Gegenwart sowie in der Zukunft liegenden Folgen beschreiben. Generell herrscht eine relative Einigkeit über die Dringlichkeit der Aufmerksamkeit und des Handlungsbedarfs welcher diese Themen betrifft. Meiner Meinung nach sollte bei diesem Thema lieber von einem Worst-case-Modell ausgegangen werden, um potenzielle Risiken und mögliche schädliche Folgen so gut wie möglich abwenden oder abmildern zu können. Abgesehen davon stehen wir aber auch bereits mitten "in" den Folgen und Risiken die die globale Erwärmung mit sich bringt, ein positiv gesehenes Modell mit wenigen negativen Folgen ist also denkbar unmöglich. Die Bedeutsamkeit einer Aufklärung über den Klimawandel und seine Folgen ist mehr als notwendig. Dies zeigt der Beitrag und dies zeigt die Dringlichkeit des Themas. Insgesamt wird deutlich sichtbar, dass "genug" die Gesundheit beeinträchtigende Folgen auftreten werden (könnten), sollte der Klimawandel nach den Prognosen weiter voranschreiten, welche sowohl Aufklärungs- als auch Handlungsbedarf nach sich ziehen. Überrascht haben mich die Studienergebnisse zu den bereits existierenden Folgen der Klimakrise. Bereits 2003 starben allein in Deutschland so viele Menschen aufgrund von der extremen Hitze, dass man nicht mehr wirklich von "bevorstehenden" Risiken der globalen Erwärmung sprechen kann. Als Fazit steht neben der Aufklärung über die Folgen im Allgemeinen, auch die Dringlichkeit des Handlungsbedarfes im Vordergrund. Der Beitrag zeigt, dass jeder einzelne von dem Klimawandel betroffen sein kann, aber auch, dass jeder Einzelne Möglichkeiten hat zu handeln, Prävention sowie Schadensbegrenzung zu betreiben. Was kann man also tun? Die Faktoren, welche zu den jeweiligen Folgen beitragen wurden im Essay dargestellt. Vor diesem Hintergrund liegt es also nahe, sowohl die übliche Argumentation in umgekehrter Richtung zu benutzen >um die negativen Gesundheitseffekte von Emissionen zu vermeiden, sollten sie verringert werden< als auch seine Lebensweise, seinen Konsum und die wirtschaftlichen und politischen Projekte, welche man durch Geld, Verträge oder Wahlen unterstützt, zu überdenken. Gesundheitsschutz ist Klimaschutz und umgekehrt. Maßnahmen zur Verringerung der schädlichen Folgen sind wichtiger denn je. Leider entsprechen Anpassungsmaßnahmen immer noch eher der Sekundärprävention. Grundsätzlich gilt für den Gesundheitsbereich jedoch, dass Primärprävention immer vorzuziehen ist, also die Bekämpfung der ersten, eigentlichen Ursachen von Erkrankungen. Anliegen des Gesundheitswesens sollte also eine Förderung der Primärprävention sein - auch im Kontext der Klimakrise. Jegliche Berufsgruppen in Gesundheitsbereichen, sowie das Bundesministerium für Gesundheit sollten über diese Themen aufgeklärt werden und aufklären.